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Der VW-Abgasskandal  hat längst auch die Sechs-Zylinder-Dieselmodelle des VW-Konzerns erreicht. Der 3.0 V6 Dieselmotor des Typs EA 896, bzw. EA 897 oder EA 897 evo  wird von der VW-Tochter Audi entwickelt und hergestellt und wird markenübergreifend in Modellen von VW, Audi und Porsche verwendet.

Bei einer ganzen Reihe dieser Modelle, sowohl mit der Abgasnorm 5 als auch der Abgasnorm 6, hat das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) eine unzulässige Abschalteinrichtung entdeckt und den Rückruf angeordnet.

Unzulässige Abschalteinrichtungen können aber auch ohne Rückruf des KBA vorliegen, wie das OLG Köln mit Urteil vom 12. März 2020 klarstellte (Az.: 3 U 55/19). Bei Schadenersatzklagen reiche es aus, wenn der Kläger greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung liefere. Genaue Details zur Funktionsweise der Abschalteinrichtung müsse er nicht vortragen, entschied das OLG Köln und hob damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Bonn auf.

„Damit hat das OLG Köln die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen deutlich erleichtert. Gerichte können eine Klage nicht einfach als unsubstantiiert als Vortag ins Blaue zurückweisen, wenn der Kläger ausreichende Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer illegalen Abschalteinrichtung liefert. Das können z.B. auch Testergebnisse sein. Dann ist der Autohersteller im Rahmen der sekundären Darlegungslast gefordert, Funktionsweise der Abschalteinrichtungen zu erklären und warum sie zulässig sein sollten“, sagt Rechtsanwalt Andreas Schwering aus Hannover.

In dem zu Grunde liegenden Fall ging es um einen VW Touareg 3.0 V6 TDI mit der Abgasnorm Euro 5. Für dieses Modell liegt anders als für den Touareg II mit der Schadstoffklasse Euro 6 kein Rückruf des KBA vor. Der Kläger machte dennoch Schadenersatzansprüche wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen geltend. Durch verschiedene Funktionen wie Lenkeinschlag, Böschungswinkel oder Temperatur erkenne das Fahrzeug, ob es sich im Prüfmodus befindet. Dann werde der Stickoxid-Ausstoß reduziert, während der Motor im realen Straßenverkehr deutlich mehr Emissionen ausstoße. Dabei verwies der Kläger auf Abgasmessungen der vom Bundesverkehrsministerium beauftragten „Untersuchungskommission Volkswagen“, wonach ein Audi A6 mit vergleichbarem Motor die Stickoxid-Grenzwerte um das 7-fache überschritt.

Das LG Bonn wies die Klage in erster Instanz als Vortrag ins Blaue hinein zurück. Es lägen keine tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung vor.

Das sah das OLG Köln jedoch ganz anders und kassierte im Berufungsverfahren das erstinstanzliche Urteil. Das Landgericht habe den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt. Der Kläger habe ausreichend greifbare Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung geliefert, u.a. die Messungen bei dem Audi A6 mit vergleichbarem Motor. Der deutlich höhere Abgasausstoß könnte ein Indiz für eine unzulässige Abschalteinrichtung sein. Greifbare Anhaltspunkte seien nicht erst dann gegeben, wenn ein Rückruf des KBA vorliegt, führte das OLG aus. Ein Untätigbleiben der Behörde sei kein Indiz für das Fehlen einer unzulässigen Abschalteinrichtung. Das Landgericht hätte daher in die Beweisaufnahme einsteigen müssen und die Klage nicht einfach „abbügeln“ dürfen.

Vielmehr sei VW seiner sekundären Darlegungslast nicht hinreichend nachgekommen und habe den Vortag des Klägers nicht widerlegt. Vorausgesetzt, dass in dem Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet wird, habe der Kläger Anspruch auf Schadenersatz, so das OLG Köln. Dies muss nun das Landgericht Bonn klären und in die Beweisaufnahme einsteigen.

„Nach diesem Urteil können sich Autohersteller nicht hinter Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen verstecken, sondern müssen sich zur Funktionsweise ihrer Abschalteinrichtungen äußern. Dabei dürfte es ihnen schwerfallen die Gerichte von der Zulässigkeit der Abschalteinrichtungen zu überzeugen, nachdem die EuGH-Generalanwältin Eleanor Sharpston bereits erklärt hat, dass sie Abschalteinrichtungen grundsätzlich für unzulässig hält, wenn sie im realen Straßenverkehr zu einem erhöhten Emissionsausstoß führen. Die Chancen auf Schadenersatz sind daher auch bei Fahrzeugen der Marken VW, Audi und Porsche mit 3 Liter V6 TDI-Motoren weiter gestiegen“, so Rechtsanwalt Schwering.

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